Jeden Monat stirbt in der Schweiz im Rahmen von Instandhaltungsarbeiten ein Mensch. Betroffene durch Abstürze, Stromschläge und Explosionen bleiben oft invalid. Dies zeigt, dass die Gefahren bei Instandhaltungs- und Unterhaltsarbeiten schnell unterschätzt werden. Um dies zu ändern hat die Suva im Rahmen der Schweizerischen Tagung für Arbeitssicherheit im Oktober 2011 die Präventionskampagne «Sichere Instandhaltung» lanciert.
Die Instandhaltung Post Mail setzt die Kampagne seit November 2011 bei sich um. Rolf Piana, Leiter Instandhaltung bei der Briefsortierung, zog nach einem Jahr Bilanz.
Ein Grund war sicher, weil die Kampagne dazu anregt, sich hinzusetzen und einmal in aller Ruhe zu überlegen: Was machen wir täglich, das gefährlich werden könnte?
In der Produktionshalle besteht die Gefahr, bei Arbeiten in der Höhe abzustürzen. Deshalb haben wie bei Podesten und Aufstiegen nachgerüstet. Jetzt können die Mitarbeitenden sicherer und erst noch effizienter arbeiten. Ebenfalls problematisch sind die Transportwege in der Halle, sie sind ziemlich eng. Wenn dort die Transportwagen mit den Paletten zirkulieren, besteht das Risiko, angefahren zu werden.
Die meisten Störungen haben wir bei der Behälterfördertechnik. Jeden Tag laufen rund 120 000 Briefbehälter auf Förderbändern durch die Halle. Wenn dort auch nur die Ecke eines Briefes herausschaut, kann es sein, dass der gesamte Förderablauf gestört wird. Dann dauert es keine 5 Minuten und ein ganzer Bereich der Fördertechnik steht still. Die Störung muss dann so rasch wie möglich behoben werden. Der Zeitdruck in einer solchen Situation bedeutet eine zusätzliche Gefährdung für die Mitarbeitenden der Instandhaltung.
Es gibt eine interne Regelung für alle Mitarbeitenden in der Instandhaltung sowie eine spezielle Matrix für das Tragen der persönlichen Schutzausrüstung. Aus der Matrix lässt sich leicht ablesen, für welche Arbeit man welche Ausrüstung tragen muss. Bei den Anlagen sind wir gleich vorgegangen: Es ist klar definiert, wer bei einer Anlage was, wann, wie machen muss, damit sicher und effizient gearbeitet werden kann.
Bei uns hat jeder Mitarbeiter ein persönliches Vorhängeschloss mit seinem Namen aufgedruckt. Damit kann er abgeschaltete Maschinen sichern, so dass keine andere Person sie einschalten kann. Wenn jemand neu ist bei uns, erhält er dazu zu dieser Instruktion ein Merkblatt und der Vorgesetzte erklärt ihm genau, worauf es ankommt.
Es wurde eine Schulung mit Unterstützung der Suva durchgeführt. Diese ist bei unseren Mitarbeitenden sehr gut angekommen. Es waren alle mit dabei, vom Mitarbeiter, der einfache Arbeiten an den Maschinen verrichtet, bis zum Teamleiter der Instandhaltung.
Die Mitarbeitenden erhalten eine Rückmeldung, wenn ich durch den Betrieb gehe. Das Gleiche machen auch die Teamchefs der Instandhaltung. Auch gibt es für Leute, die sicher arbeiten, jeweils am Jahresende ein kleines Präsent, zum Beispiel ein Taschenmesser.
Wir haben Briefkästen aufgestellt, dort kann man ein Anliegen deponieren. Und wer nicht schreiben möchte, kann direkt den Teamleiter ansprechen, dass etwas nicht in Ordnung ist. Jeden Monat haben wir eine Instandhaltungs-Sitzung, wo die Vorschläge besprochen und Verbesserungsmöglichkeiten, zum Beispiel ein Schutzverdeck an einer Maschine nachrüsten, sofort und möglichst einfach umgesetzt werden.
Für Beinahunfälle haben wir ein spezielles Tool. Damit kann man sowohl Beinahunfälle wie auch Betriebs- und Nichtbetriebsunfälle erfassen. Wenn sich so ein Zwischenfall ereignet, ist es wichtig, dass der Teamleiter dies sofort dokumentiert. Sonst gehen diese Informationen meist schnell vergessen
Wir haben alle Mitarbeitenden aufgefordert, wenn es gefährlich wird, auch wirklich Stopp zu sagen und die Arbeit nicht weiter zu führen. Dazu gab es schon ganz konkrete Situationen, das letzte Mal etwa vor zwei Monaten. Beim Warenausgang gab es ein Problem mit den Robotern. Ein Roboterarm hatte sich verklemmt, und dadurch kippte ein Wagen. Das war eine extrem gefährliche Situation, weil ein solcher Wagen 450 Kilo wiegt und jemanden hätte erschlagen können. Stopp sagen wird von der Geschäftsleitung gefördert, weil wir Unfälle um jeden Preis vermeiden wollen.
Noch vor einem Jahr hatten wir 6,9 Arbeitsunfälle auf 100 Mitarbeiter gerechnet. Das schien der Geschäftsleitung sehr viel. Das Ziel, das wir uns gesteckt haben, waren die 6,9 auf 3 Arbeitsunfälle pro Jahr zu reduzieren. Und bis November 2012, waren es noch 3,1. Das ist ein grosser Erfolg, der sich auch bei den Mitarbeitenden bemerkbar macht. Es hat ein Umdenken stattgefunden. Früher verstanden sie die Suva als eine Kontrollinstanz.
Aber jetzt, wo die Suva bereits mehrmals in unserem Betrieb war, sehen die Leute, dass sie nicht nur kontrolliert, sondern auch zeigt, wie man sicherer arbeiten kann. Die Haltung gegenüber der Suva hat sich stark verändert. Auch deshalb hat sich die Kampagne zur Instandhaltung für uns gelohnt, sie ist wirklich eine gute Sache.