Die Grätsche: Chance und Gefahr
Spektakulär sieht es aus, wenn Verteidiger oder Verteidigerinnen im letzten Moment zur Grätsche ansetzen. So effizient dieses Mittel sein kann, so gefährlich ist es allerdings auch. Stefan Knezević, Verteidiger beim FC Luzern, weiss, worauf zu achten ist.
Inhalt
Kurz und bündig
- Erfolgreiche Grätschen sind die Königsdisziplin der Verteidiger/-innen.
- Grätschen können zu schweren Verletzungen führen und werden immer stärker geahndet.
- Stefan Knezević warnt: «nie von hinten, mit offener Sohle oder hohem Bein»
Grätsche – die Kunst der Verteidiger und Verteidigerinnen
Die saubere Grätsche gilt unter Verteidigern und Verteidigerinnen als Kunstform. Auf YouTube gibt es Zusammenstellungen mit besonders schönen Exemplaren
Sind Grätschen heute noch ein wichtiges Mittel für Verteidiger?
«Der Fussball ist mittlerweile so schnell geworden, da ist die Gefahr gross, dass man beim Grätschen zu spät kommt. Darum sieht man das heute weniger als früher», sagt Stefan Knezević. Der 28-Jährige aus dem Luzerner Nachwuchs ist nach einem Abstecher nach Belgien zurück bei seinem Stammklub und unbestrittener Abwehrchef. Ihm ist eine Aussage von Italiens-Verteidigerlegende Paolo Maldini in Erinnerung geblieben: «Wenn du grätschen musst, hast du zuvor etwas falsch gemacht.»
Jede vierte Verletzung nach Grätschen
Noch vor 15 Jahren zeigten Studien der FIFA, dass ein Viertel aller Verletzungen von Grätschen verursacht wurde. Mittlerweile gehen Verteidiger oder Verteidigerinnen vorsichtiger ans Werk, aber auch die Art des Grätschens hat sich verändert. Stefan Knezević führt aus: «Grätschen, bei denen eine Verletzung des Gegners in Kauf genommen wird, gibt es zum Glück fast nicht mehr. Das Ziel ist immer, es ohne Grätsche zu schaffen.» Um etwa einen Schuss zu blocken, wie sein Mitspieler Pius Dorn gegen YB, sei die Grätsche aber immer noch ein wichtiges Mittel. Dabei gelte es aufzupassen, nicht auf die Beine des Gegenspielers zu gehen und nicht mit offener Sohle oder hohem Bein zu rutschen, um Verletzungen zu vermeiden.
In welchen Situationen ist Grätschen tabu?
In gewissen Situationen sind Grätschen gänzlich unangebracht. Knezević nennt explizit das Einsteigen von hinten: «Der Gegenspieler sieht dich dann nicht einmal kommen, die Verletzungsgefahr ist entsprechend hoch.» Zudem habe es zurecht eine Rote Karte zur Folge, damit helfe man niemandem.
Müssen Grätschen trainiert werden?
Gerade allen, die eher selten grätschen, sei oft nicht bewusst, welche Kraft dabei auf den Gegenspieler bzw. die Gegenspielerin einwirke, wenn er/sie getroffen werde, sagt Knezević. Das gelte insbesondere für Offensivkräfte. Verteidiger oder Verteidigerinnen bekommen über die Jahre ein Gefühl dafür, wann und wie sie eine Grätsche einsetzen dürfen.
Stefan Knezevićs Tipps für Grätschen
In seinen über 200 Profipartien hat Stefan Knezević schon zu mancher Grätsche angesetzt. Seine Regeln helfen, damit Grätschen sauber und ungefährlich gelingen:
- Grätsche nur dann, wenn du wirklich 100-prozentig sicher bist, dass du nicht den Gegner/die Gegnerin triffst.
- Grätsche nicht auf den Ball, damit gefährdest du den Gegner/die Gegnerin. Versuche, dein Bein VOR den Ball zu bringen und ihn oder den Schuss so zu blockieren.
- Das Bein darf beim Grätschen nie durchgestreckt sein. So federt es bei einem Kontakt ab. Ein gestrecktes Bein gilt immer als gefährliches Spiel.
- Ein Kontakt mit der Sohle über Knöchelhöhe hat eine Rote Karte zur Folge. Die Knöchel sind sehr verletzungsanfällig. Achte also darauf, dass dein Fuss bei der Grätsche möglichst nahe am Boden ist.
Der Alltag heisst für Stefan Knezević Super League, auch im Europacup lief er schon auf. Den Amateurfussball, in dem sein Bruder und viele seiner Freunde spielen, verfolgt er nach wie vor. Darum weiss er: «Dieses Regeln gelten auf allen Stufen, von den Bolzplätzen der Region bis zu den grössten Arenen.» Damit Grätschen gefeiert werden – und nicht mit bösen Verletzungen enden.