Der Bau von vertikalen und schrägen Schächten ist gefährlich. Die Erstellungsmethoden sind ebenso vielfältig wie die einsetzbaren technischen Mittel. Insbesondere bei Transportanlagen für Material und Personen gibt es unzählige Möglichkeiten.
2007 ist ein neues Seilbahngesetz in Kraft getreten; danach fallen alle Transportanlagen in Schrägschächten unter diese Regelung. Zudem hat die Schweiz kein eigenes, umfassendes Regelwerk für den Bau und Betrieb von vertikalen Schächten. Die vorliegende Information soll für den Bau und den Betrieb von Schachttransportanlagen Klarheit schaffen und konkretisiert folgende Regeln:
Artikel 24 der VUV ist in Bezug auf «Schachttransportanlagen» erfüllt, wenn bei Bau, Betrieb und Instandhaltung die in dieser Information zusammengestellten Sicherheitsanforderungen eingehalten werden.
Für Schachttransportanlagen, zu deren Bau und Betrieb es einer Betriebsbewilligung bedarf (Bahnen, die dem Bund [Bundesamt für Verkehr BAV] oder den Kantonen [Seilbahnkonkordat IKSS] unterstehen), gelten folgende Bestimmungen:
Als Betreiber dürfen Sie Schachttransportanlagen, die den Bestimmungen der Seilbahnverordnung unterliegen, erst in Betrieb nehmen und für Bauarbeiten einsetzen, nachdem die Betriebsbewilligung der zuständigen kantonalen Behörde vorliegt.
Zu gegebenem Zeitpunkt kontrolliert die Kontrollstelle IKSS die montierte Anlage und empfiehlt der zuständigen kantonalen Behörde aus technischer Sicht die Betriebsbewilligung.
Wer eine bewilligungspflichtige Schachttransportanlage ohne kantonale Bewilligung betreibt, riskiert die Stilllegung der Anlage auf der Baustelle, auch wenn diese aus Sicht des Betreibers dringend gebraucht wird.
Grundlage für den sicheren Betrieb einer Schachttransportanlage ist ein Sicherheitskonzept für die gesamte Baustelle (siehe dazu Bauarbeitenverordnung Art. 62 ). Dieses soll Auskunft darüber geben, wie Ausbruch, Felssicherung, Auskleidung, Installation, Inbetriebnahme, Betrieb, Wartung, Unterhalt, Rettung, usw. sowohl während der Bauphase wie auch in der späteren Betriebsphase des Schachtes erfolgen. Ziel des Konzepts ist eine zweckmässige Planung, Ausschreibung und Ausführung der sicherheitsrelevanten baulichen Massnahmen.
Bestehen Unklarheiten, welche Anforderungen für eine vorgesehene Schachttransportanlage zu erfüllen sind, ist bereits in der Planungs- und Ausschreibungsphase mit der Suva Kontakt aufzunehmen.
Für Vorerkundung, Ausbruch, Felssicherung, Auskleidung, Instandhaltung usw. gilt die Bauarbeitenverordnung Kapitel 7
Eine Schachttransportanlage ist immer Teil des Gesamtkonzepts einer Baustelle. Sie ist deshalb ins Sicherheitskonzept der Baustelle und in verschiedene Teilkonzepte wie beispielsweise das Transport-, Lüftungs- und Rettungskonzept zu integrieren. Eine Risikobeurteilung der Schachttransportanlage unter Einbezug ihres Umfelds ist unerlässlich.
Dabei sind die folgenden Situationen und Personenkreise zu berücksichtigen:
Arbeitsplätze und Verkehrswege im Bereich des Schachtkopfes sind so zu gestalten, dass Personen nicht abstürzen können. Dies gilt sowohl für den Normal- wie auch den Sonderbetrieb. Personen, die Arbeitsplätze und Verkehrswege im Bereich des Schachtkopfes benutzen, dürfen die im Schacht arbeitenden Personen nicht gefährden (z.B. durch abstürzendes Material oder Werkzeuge). Kann dies im Sonderbetrieb nicht gewährleistet werden (z.B. bei Instandhaltungsarbeiten), so dürfen sich bei solchen Arbeiten keine Personen im Schacht aufhalten.
Der Schachtrand ist so zu gestalten, dass weder Personen, Material oder Baumaschinen in den Schacht stürzen können. Diese Anforderung ist beispielsweise erfüllt, wenn der Schachtrand mit einem mindestens 40 cm hohen massiven Betonkragen ausgestattet und darauf ein mindestens 1.10m (EN ISO 14122-3) hohes kräftiges Geländer angebracht ist. Das Geländer ist vollflächig oder mit feinmaschigem Gitter auszufüllen.
Zustiege zu Personentransportmitteln und Materialumschlagstellen am Schachtkopf und im Schacht sind so zu gestalten, dass keine gefährlichen Scherstellen entstehen und weder Personen noch Material in den Schacht fallen können. Es bieten sich Lösungen an, wie sie bei Bauaufzügen üblich sind.
Der Schacht ist so zu beleuchten, dass die Last von Auge verfolgt werden kann.
Personen, die sich im Schacht aufhalten, müssen jederzeit miteinander in Kontakt treten können. Daher ist ein zuverlässig funktionierendes Kommunikationsnetz Voraussetzung. Wenn die Kommunikation nicht funktioniert, darf nicht gefahren werden.
Es muss eine zuverlässige, von der übrigen Baustellellenkommunikation unabhängige Sprechverbindung bestehen, die auch bei Stromausfall funktioniert:
Es muss eine zweite zuverlässige Sprech- oder Signalverbindung bestehen:
Weitere Haltestellen der Schachtförderanlage im Schacht sind zusätzlich ins Kommunikationsnetz einzubeziehen.
Die Übermittlung von Fahrbefehlen an den Maschinisten muss so erfolgen, dass sie eindeutig und unmissverständlich sind.
Es sind zwei voneinander unabhängige Fluchtmöglichkeiten aus dem Schacht bereitzustellen. Eine davon muss auch bei Energieausfall funktionieren (Notaufstieg, Notstromversorgung usw.).
Die erforderliche Transportkapazität für die Rettung (Verfügbarkeit, Grösse, Geschwindigkeit usw.) muss anhand der Gefährdung und der grösstmöglichen Anzahl betroffener Personen bestimmt werden. Insbesondere bei Überschwemmungs-, Verbruch-, Brand- oder Explosionsgefahr müssen alle Personen in einer Fahrt evakuiert werden können.
Bei Störungen aller Art an der Schachttransportanlage muss die Bergung der Personen aus der Schachttransportanlage sichergestellt sein.
Für die Rettung von Verletzten oder für die notfallmässige Evakuation kann das Materialfördermittel verwendet werden. Vorausgesetzt, dass die mitfahrenden Personen dabei nicht durch Querstellen, Absturz usw. gefährdet werden.
Bei der Instandhaltung sind die Vorschriften des Herstellers sowie Ziffer 6 der EKAS-Richtlinie «Arbeitsmittel» (siehe unten) zu befolgen. Ergänzend sind dabei sowohl vom Hersteller wie vom Betreiber die anerkannten Regeln der Technik zu beachten, insbesondere diejenigen der Seilbahn- und Seiltechnik.
Seile sind täglich einer Sichtkontrolle zu unterziehen.
Die Prüfungs- und Instandhaltungspläne der Hersteller sind zu beachten.
Die Prüfungs- und Instandhaltungsarbeiten sind zu dokumentieren.
Für Transportanlagen in schrägen Schächten* gelten unabhängig von der Höhendifferenz:
* In schrägen Schächten hängen die Fördermittel an Seilen, werden auf der Strecke geführt und an der Antriebsmaschine gebremst.
Solche Anlagen sind über das Seilbahnkonkordat (IKSS) zu melden und müssen kantonal bewilligt werden. In Sonderfällen, wenn Schächte mit sehr kleiner (bis 15°) oder sehr grosser Neigung (über 75°) geplant werden, sind die anzuwendenden Regeln vorgängig mit der Kontrollstelle IKSS zu vereinbaren.
Interkantonales Konkordat für Seilbahnen und Skilifte
Zeughausstr. 19, CH-3860 Meiringen
Tel: +41 33 972 30 00
Internet: www.ikss.ch
E-Mail
Die Sicherheitsanforderungen für Schachttransportanlagen in vertikalen Schächten sind in den folgenden Absätzen beschrieben. In ihrer Ausprägung sind sie von der Schachttiefe abhängig.
Bei Schächten bis 15 m Tiefe und bei befahrbaren Bohrpfählen, Brunnenschächten und ähnlichen Bauwerken kommen die allgemeinen Anforderungen für vertikale und schräge Schächte dieser Information sinngemäss zur Anwendung. Ergänzend sind folgende Bestimmungen zu beachten:
Für Schächte mit Tiefen über 15 m und bis 100 m gelten spezielle Bestimmungen. Dabei sind die «Allgemeine Anforderungen für vertikale und schräge Schächte» zu beachten.
Für Schachttransportanlagen, auf oder unter denen sich Personen während der Fahrt aufhalten können, gelten neben den folgenden Massnahmen zusätzlich auch die Massnahmen gemäss Kapitel «Schachttransportanlagen für Personen» (siehe nächster Absatz).
Schachttransportanlagen müssen nach den anerkannten Regeln der Technik, insbesondere der Seilbahntechnik, berechnet, gebaut, installiert, betrieben und instand gehalten werden. Dazu gehört auch eine Betriebsanleitung, die der Europäischen Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, Anhang 1, Ziffer 1.7.4 zu entsprechen hat.Vorsicht bei Parallelbetrieb
Falls für den Personen- und Materialtransport zwei unabhängige Transportsysteme bestehen, die gleichzeitig in Betrieb sein können, darf die Personentransportanlage durch die Schachttransportanlage nicht gefährdet werden. Bedienung nur durch ausgebildetes Personal
Es ist zu verhindern, dass unbefugte Personen die Schachttransportanlagen in Betrieb nehmen können.
Die Bedienung der Schachttransportanlagen darf nur durch Personen erfolgen, die dazu ausgebildet und vom Betreiber der Anlage dazu schriftlich ermächtigt worden sind.
Die Instandhaltung der Schachttransportanlagen darf nur von Personen ausgeführt werden, die dazu ausgebildet und vom Betreiber der Anlage dazu schriftlich ermächtigt worden sind.
Die Schachttransportanlagen sind so zu sichern, dass Bedienungsfehler nicht zu einem Personenschaden führen können.
In der Regel müssen die folgenden Punkte erfüllt werden:
Wird eine vom Hersteller für Personentransporte zugelassene Maschine nach Anhang 4 der Europäischen Maschinenrichtlinie 2006/42/EG eingesetzt, z.B. ein Bauaufzug, so ist diese nach den dafür geltenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen zu installieren und zu betreiben.
Wird zur Personenbeförderung eine Maschine eingesetzt, die nicht nach Anhang 4 der Europäischen Maschinenrichtlinie 2006/42/EG ausgeführt ist, z.B. eine Winde, ein Kran oder ein ähnliches Gerät, so muss diese Maschine nach den anerkannten Regeln der Technik berechnet, gebaut, installiert, betrieben und instand gehalten werden.
Massgebend ist ebenfalls die Europäische Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, speziell Kapitel 6 «Zusätzliche grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen an Maschinen, von denen durch das Heben von Personen bedingte Gefährdungen ausgehen».
Präzisierend und ergänzend sind die nachfolgenden Anforderungen 1 bis 7 zu beachten:
Die Nenn-Fördergeschwindigkeit von Materialtransportanlagen ist der gewählten technischen Lösung und den örtlichen Verhältnissen anzupassen.
Bei der Festlegung der Geschwindigkeit von ungeführten Materialtransportanlagen ist zu berücksichtigen, dass die Last pendeln und im Schacht anhängen kann.
Materialtransportanlagen sind so zu gestalten, dass:
Schachtbühnen müssen nach den anerkannten Regeln der Technik berechnet, gebaut, installiert, betrieben und instand gehalten werden.
Sie sind so zu gestalten, dass der Absturz von Personen sicher verhindert wird.
Schachtbühnen können an Seilen hängen und durch Seilwinden in der Höhe verstellt werden. Wenn sich auf oder unter solchen Plattenformen Personen aufhalten können, sei es zum Arbeiten oder während der Fahrt, so gelten zusätzlich die Sicherheitsanforderungen für Schachttransportanlagen für Personen.
Solche Schachttransportanlagen werden zweckmässig nach den Vorschriften des Deutschen Bergbaus (Bergverordnung für Schacht- und Schrägförderanlagen BVOS ) und dem zugehörigen technischen Regelwerk (Technische Anforderungen an Schacht- und Schrägförderanlagen TAS ) gebaut und betrieben.
Werden andere Regelwerke angewandt, ist nachzuweisen, dass sowohl beim Bau wie auch beim Betrieb ein gleichwertiges oder besseres Sicherheitsniveau erreicht wird.
Ergänzend kommen die in den allgemeinen Anforderungen für vertikale und schräge Schächte aufgeführten Bestimmungen dieser Information zur Anwendung. Die Risikobeurteilung ist vor Baubeginn vorzunehmen.