«Ohne Umfeld wäre ich nicht so weit gekommen»

Nach einem Trainingsunfall im Bobsport verlor Sandro Michel fast sein Bein. Ein langer Weg der Wiedereingliederung stand ihm bevor. Der Sportler konnte stets auf sein Umfeld zählen. Dieses war eine unverzichtbare Hilfe auf dem beschwerlichen Weg zurück in den Alltag.

Stefan Joss
16.07.2025

Inhalt

«Ich stand vor der Frage, ob ich es zurück ins Leben schaffe»

Februar 2024, Bobbahn in Altenberg, Deutschland. Ein einziger Moment stellt das Leben von Sandro Michel auf den Kopf. Der Anschieber wird in den Eiskanal hinausgeschleudert und gleitet bewusstlos dem gekippten Bob hinterher. Im Zielbereich rutscht das schwere Gefährt rückwärts und trifft Sandro mit voller Wucht. Die Hüfte ist zertrümmert, die Lunge geprellt, es steht sogar eine Beinamputation zur Diskussion. Sandros Leben hängt an einem seidenen Faden.

Sandro Michel, Sina Halter, Labinot Neuhaus, Bellikon, Wiedereingliederung, Bobunfall

«Die Narben erinnern täglich an den Kampf zurück ins Leben»

Sandro Michel

«Heute ist das Mühsamste, meine Schuhe zu binden», sagt Sandro und lächelt. 16 Monate nach dem Unfall macht er im Sportzentrum Filzbach sein Performancetraining, zusammen mit seinen Teamkollegen.

Dass Sandro Michel so rasch wieder auf die Beine kam, verdankt er auch seinem Umfeld. Die Suva lässt drei Personen zu Wort kommen und fragt nach Tipps.

Die Freundin – Sina Halter

«Ich besuchte Sandro fast täglich»

Sandro Michel, Sina Halter, Labinot Neuhaus, Bellikon, Wiedereingliederung, Bobunfall

Ich hatte nie Angst um Sandro, wenn er am Bobfahren war. Umso geschockter war ich, als ich von seinem Unfall erfuhr. Als wir endlich im Spital in Dresden ankamen, fiel mir ein Stein vom Herzen. Sandro war ansprechbar, machte sogar Witze.

In der Rehaklinik Bellikon besuchte ich Sandro fast täglich. Bevor er nach Hause kam, wurde ich unsicher: Schaffen wir das? Schon die Treppenstufen zu unserer Wohnung schienen unüberwindbar. Dank Sandros Familie fühlte ich mich aber nie allein gelassen.

Ich sagte Sandro immer wieder: «Du kannst mit mir über alles reden. Ich höre zu.» Ging es mir nicht gut, hörte er zu. Und ich fand stets ein offenes Ohr bei meiner Freundin.

Ich bin glücklich, dass wir wieder so viel zusammen machen können. Ein gemeinsamer Spaziergang: Vor kurzer Zeit unvorstellbar. Seit dem Unfall haben wir viel in unsere Kommunikation investiert. Wir sprechen offener darüber, was uns beschäftigt. Das hat unsere Beziehung gestärkt.

Tipps von Sina Halter:

  • Sich selbst nicht vergessen: Kümmerst du dich um eine verunfallte Person, sei nett auch zu dir selbst. Gönne dir Dinge, die Spass machen und dir Energie geben.
  • Kommunizieren: Finde heraus, wann die Person über den Unfall sprechen will, wann nicht und richte dich danach.

Der Arbeitgeber – Stefan Hönisch

«Gesundheit steht an erster Stelle»

Sandro Michel, Sina Halter, Labinot Neuhaus, Bellikon, Wiedereingliederung, Bobunfall

Sandros Vater informierte uns nach dem Unfall über den Gesundheitszustand. Von Beginn weg haben wir zwei Dinge vermittelt: Sandro soll sich voll auf seine Genesung konzentrieren können, wir im Büro regeln den Rest. Sein Arbeitsplatz ist bei uns sicher, egal, wann er zurückkehrt. Wichtig war auch, die restlichen Mitarbeitenden auf dem Laufenden zu halten, denn denen lag Sandros Zustand sehr am Herzen. Als Sandro mich ein paar Tage nach dem Unfall anrief, sprachen wir ganze zwei Stunden lang miteinander. Das tat gut.

Tipps vom Vorgesetzten, Stefan Hönisch:

  • Ins Team integrieren: Empfange die verunfallte Person mit offenen Armen und gib ihr von Beginn weg das Gefühl, dass sie willkommen und wichtig ist. Auch wenn sie nur wenige Prozent arbeitet und die erste Zeit vor allem Kaffee trinkt und erzählt.

Der Case Manager – Labinot Neuhaus

«Seine Motivation hat mich beeindruckt.»

Sandro Michel, Sina Halter, Labinot Neuhaus, Bellikon, Wiedereingliederung, Bobunfall

Ich habe mit Sandro regelmässig telefoniert und dabei rasch realisiert: Als Profisportler bringt er das richtige Mindset mit, um vorwärtszukommen. Therapie, Krafttraining, Physioeinheiten – das ist anstrengend. Für Sandro ist es eine Selbstverständlichkeit. Als Case Manager möchte ich Vertrauen zu meinen Kunden aufbauen und wissen, wie es ihnen geht. Mit Sandro habe ich regelmässig telefoniert, um ihn zu unterstützen – administrativ und emotional. Das hat aus meiner Perspektive gut funktioniert.

Tipps von Labinot Neuhaus:

  • Für Verunfallte: Halte den Kontakt zum Arbeitgeber aufrecht, so offen und ehrlich, wie möglich. So kann er sich besser auf deine Situation einstellen und dich unterstützen.
  • Für Arbeitgebende: Habe Vertrauen. Die meisten Verunfallten wollen sich nach einem Unfall keinen Vorteil ergattern.

Möchten Sie mehr Tipps aus dem Umfeld erhalten? Die ganze Geschichte gibt es ab dem 15. September 2025 hier auf unserer Website.

Da sein hilft bei der Wiedereingliederung
Wiedereingliederung

Da sein hilft bei der Wiedereingliederung

Wer nach einem Unfall im Spital ist, freut sich über jede Aufmunterung. Seien Sie deshalb für Betroffene da und bieten Sie Hilfe an. Sie unterstützen damit die Genesung und Wiedereingliederung.
Wiedereingliederung: Da sein hilft

Finden Sie diese Seite hilfreich?

Das könnte Sie auch interessieren