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Nach Sturz zurück ins Leben

Kampf zurück an den Arbeitsplatz nach 13-Meter-Sturz

Inhalt

      Kurz und bündig

      Nur mit viel Glück überlebte Roman Kissling einen Sturz aus 13 Metern Höhe: Dass der Gerlafinger heute wieder zu 100 Prozent arbeitet, ist nicht nur seinem persönlichen Willen, sondern auch seinem sozialen Umfeld sowie der grossen Unterstützung seines Arbeitgebers zu verdanken.

      Roman Kissling feiert jedes Jahr zwei Mal Geburtstag. Einmal am 21. Mai, da er an diesem Tag das Licht der Welt erblickte. Und ein zweites Mal am 6. März. Dieses Datum steht für jenen Tag, an dem der Mittfünfziger einen Sturz aus 13 Metern Höhe überlebte. Die einen nennen es Schicksal, die anderen Zufall oder Glück. Klar ist: Roman Kissling hätte bei dem Unfall genauso gut sterben können. Für den Gerlafinger steht deshalb ohne Zweifel fest: «Am 6. März 2013 wurde mir ein zweites Leben geschenkt.»
      Obwohl seit dem Unfall erst wenige Jahre vergangen sind, fällt es Roman Kissling leicht, darüber zu sprechen. Denn was nach dem Unfall folgte gleicht eher einer Erfolgs- als einer Schicksalsgeschichte. Kissling ist – so viel sei an dieser Stelle schon verraten – heute wieder zu 100 Prozent in seinem früheren Beruf als bauleitender Monteur bei der Firma Schneitter AG in Langendorf tätig. Schmerzen oder anderweitige Einschränkungen, die ihn an den Unfall erinnern würden, hat er keine. Kissling hatte grosses Glück oder wie er es in breitem Berndeutsch ausdrückt: «Riesigs Schwein gha.»

      Ein «Vollcrash» für den Körper

      Natürlich sah die Situation kurz nach dem Unfall ganz anders aus. Nachdem Kissling vom Fassadengerüst gestürzt war, war er zwar bei Bewusstsein; wenig später aber, als er mit der Rega ins Berner Inselspital geflogen war und mit Schmerzmitteln vollgepumpt wurde, verlor er das Bewusstsein. Es vergingen 36 Stunden und zahlreiche Beinoperationen, ehe er im Spital wieder zu sich kam. Besonders die ersten Tage seien schwierig gewesen, erzählt er. Kisslings Blutdruck war hoch, der Schock über den Sturz sass noch immer tief. Für seinen Körper sei der Sturz wie ein «Vollcrash» gewesen. Und doch war Roman Kissling dankbar. Dafür, dass er seine Beine spürte – und dass er lebte. Aber da war auch Ärger. «Ich war wütend über mich selbst», sagt Kissling. Wütend deshalb, weil er sich an dem Unfalltag wider besseres Wissen stressen liess und zu viele Dinge auf einmal erledigen wollte. Wütend auch deshalb, weil er auf der Baustelle für die Bausicherheit zuständig war und bis heute nicht ganz genau weiss, wie es zum verheerenden Sturz kam.
      13 Tage verbrachte der Verunfallte insgesamt im Inselspital – danach wurde er in einen Rollstuhl gesetzt und ins «Haus der Pflege» in Bern gebracht, wo er die nächsten paar Wochen verbringen sollte. An den Rollstuhl habe er sich schnell gewöhnt, erzählt Kissling. Doch natürlich wollte er dieses Gefährt trotzdem so bald wie möglich hinter sich lassen.

      Optimale Reha in Bellikon

      Am 29. April, rund 7 Wochen nach dem Unfall, checkte Kissling in die Suva-Rehaklinik Bellikon ein. Ein entscheidender Schritt, wie sich bald zeigen sollte. «In Bellikon haben wir Vollgas gegeben.» Während der Rehabilitation ging Kissling immer wieder an seine Grenzen. Doch statt zu jammern, kämpfte Kissling – auch wenn dies manchmal wehttat. «Der Physiotherapeut musste mich manchmal richtiggehend bremsen», lacht Roman Kissling heute. «Aber ich wollte halt einfach so schnell wie möglich wieder zurück!» Zurück ins Leben, aber auch zurück zur Arbeit. Für den Verunfallten war stets klar, dass er wieder in seinen früheren Job zurückkehren will. Genauso logisch war für ihn aber auch: wenn zurück, dann richtig. «Wenn ich nicht mehr zu 100 Prozent in der Lage gewesen wäre, als Monteur zu arbeiten, hätte ich mich auf einen neuen Job umschulen lassen.» Er sagt das mit einem Lächeln im Gesicht, meint es aber ernst. Roman Kissling mag keine halben Sachen – und genau diese Einstellung kam ihm wohl auch bei seinem Genesungsprozess zugute.

      Musterbeispiel einer erfolgreichen Wiedereingliederung

      Für die zuständige Case Managerin der Suva handelt es sich beim Fall von Roman Kissling um ein «optimales Beispiel einer erfolgreichen Wiedereingliederung». Das Zusammenspiel zwischen Versichertem, Arbeitgeber, Suva und anderen Involvierten hätte bei diesem Beispiel optimal funktioniert. «Roman Kissling war von Anfang an motiviert, so rasch wie möglich an den Arbeitsplatz zurückzukehren», so die Case Managerin. «Dieser Wille war entscheidend.»
      Eine wichtige Rolle spielte gemäss der Case Managerin aber auch Kisslings Frau, die ihren Mann in der schwierigen und anstrengenden Zeit nach dem Unfall stets unterstützte. «Und dann muss unbedingt auch sein Arbeitgeber erwähnt werden», betont die Case Managerin. Dieser habe sich von Anfang an dafür eingesetzt, dass der langjährige Mitarbeiter möglichst rasch an den Arbeitsplatz zurückkehren konnte – ohne diesen jedoch unter Druck zu setzen. Der Betrieb ermöglichte es Kissling, 8 Monate nach dem Unfall zuerst mit einem 30-Prozent-Pensum einzusteigen. Im Laufe der Zeit wurde dieses Pensum stetig, aber ohne Druck erhöht. Zuerst auf 50, dann auf 80, auf 95 – und letztlich auf 100 Prozent. Dank seinem Chef, den Kissling nicht nur als Vorgesetzten sondern auch als Freund bezeichnet. Und Roman Kissling weiss: «Eine solche Unterstützung ist nicht selbstverständlich.»

      «Wir kümmern uns um unsere Kollegen»

      Dass sich der Betrieb stark für den Verunfallten einsetzte, sei vielleicht «nicht besonders kaufmännisch» gedacht, so Peter Schneitter, Geschäftsführer der Schneitter AG in Langendorf. Für ihn aber ist klar: «Ich gebe keinen auf.» Dabei spiele es auch keine Rolle, ob ein Mitarbeiter – wie im Falle von Roman Kissling – seit 27 Jahren oder erst seit 3 oder 4 Jahren im Betrieb sei. «Wir kümmern uns um unsere Kollegen. Das ist mir ein grosses Anliegen.» Das Arbeitsverhältnis zu Roman Kissling habe sich laut Peter Schneitter kaum verändert. «Roman lässt sich heute nicht mehr so stressen.»
      Das bestätigt auch Roman Kissling. Ansonsten aber habe ihn der Unfall nicht gross verändert. «Ich bin derselbe wie vorher.» Nur manchmal, wenn er vor einem Abgrund steht und in die Tiefe blickt, rückt der Unfall wieder in sein Gedächtnis. Dann – und natürlich jedes Jahr am 6. März. An Roman Kisslings zweitem Geburtstag. «Dann wird gefeiert.»

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