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Berufliche Wiedereingliederung: Neue Chance nach Arbeitsunfall

Schwere Arbeitsunfälle verunmöglichen oft das Ausüben des ursprünglichen Berufs; so auch im Fall des Landschaftsgärtners Luis Garrido. Ihm gelang jedoch eine berufliche Wiedereingliederung. Hier erfahren Sie, was diese Erfolgsstory ausgemacht hat.

Inhalt

Kurz und bündig

Luis Garrido arbeitete leidenschaftlich gerne als Landschaftsgärtner. Im März 2009 erlitt er einen schweren Unfall mit einem Raupenfahrzeug. Die Konsequenz: Garrido kann nie mehr in seinem Beruf arbeiten.

Durch verschiedene Abklärungen stiess Luis Garrido auf den Beruf des Sozialpädagogen – eine Arbeit, die ihm Freude bereitet.

Folgendes zeichnet dieses Fallbeispiel aus:

  • Sein Wiedereingliederungs-Prozess wurde zur Erfolgsstory und gilt als Musterbeispiel.
  • Die Zusammenarbeit mit der Suva hat er in positiver Erinnerung.

Heute arbeitet Luis Garrido im Jugendheim Lory in Münsingen – eine für ihn erfüllende Tätigkeit, bei der er zahlreiche seiner Fähigkeiten einsetzen kann, beispielsweise das Produzieren von Videos für seine Klienten.

Ein Unfall mit Folgen

An wechselhaften Tagen, wie es sie in der Schweiz oft gibt, wird Luis Garrido besonders oft und schmerzhaft an seinen Unfall erinnert: «Wetterwechsel machen mir zu schaffen», erzählt der gebürtige Chilene. Aber auch sonst lebt Garrido nicht schmerzfrei: «Ich kann meinen Alltag bewältigen, aber viel mehr auch nicht.» Treppen steigen? Wenns sein muss. Joggen oder Berg steigen? Keine Chance. «Natürlich ist es frustrierend, wenn man nicht mit seinen Kindern draussen Fussball spielen kann», erzählt Garrido. Am Ende des Tages überwiege aber die Zufriedenheit darüber, dass er ansonsten gesund sei: «Es hätte alles noch viel schlimmer kommen können.» Luis Garridos Leben verändert sich am 11. März 2009. Bis zu diesem Tag hatte er stets zu 100 Prozent gearbeitet, ein richtiger «Chrampfer». Um 5:30 Uhr begann sein Arbeitstag und endete nicht selten zehn oder elf Stunden später.

Wenn Luis Garrido etwas macht, dann mit vollem Einsatz. Auch an jenem 11. März war er als Landschaftsgärtner unterwegs und bediente einen Raupentransporter, als es plötzlich zum verheerenden Zwischenfall kam. Was genau zum Unfall geführt hatte, ist bis heute unklar. Bekannt ist nur, dass sich das Fahrzeug bei der Fahrt über eine Böschung unverhofft überschlug und Garrido daraufhin vier bis fünf Meter weggeschleudert wurde.

Tagelang ans Spitalbett gefesselt

Garrido wurde mit schweren Verletzungen ins Spital gebracht. Er hatte einen komplizierten Schienbeinbruch erlitten. Der Mann, der vor Tatendrang sonst nur so sprühte, war auf einmal ausser Gefecht gesetzt und ans Spitalbett gefesselt. «Wenn man nichts tun kann, ausser zu schlafen und zu warten, kommen einem die Minuten vor wie Stunden», erzählt Garrido. Den Unfall bezeichnet er als «Vollbremse». Eine Zwangspause, auf die er völlig unvorbereitet war. Nicht vorbereitet sein konnte.

Umso dankbarer ist der Verunfallte dafür, dass er während seiner Zeit im Spital auf die Unterstützung seiner Familie zählen durfte. Und auch die Zusammenarbeit mit der Suva hat er in positiver Erinnerung. «Die zuständige Case Managerin hat sich schon wenige Tage nach dem Unfall nach meinem Befinden erkundigt.» Beim Kontakt mit der Suva habe er sich nie als Nummer, sondern stets als Mensch gefühlt. «Zuerst ging es um meine Gesundheit und erst danach um Versicherungsleistungen oder andere administrative Dinge.» Ausserdem habe er auch nie das Gefühl gehabt, sich für irgendetwas rechtfertigen zu müssen, so Garrido. Und dies, obwohl beim Unfall vieles auf menschliches Versagen hindeutet.

Ein Schritt vorwärts, zwei zurück

Nach sechs Monaten kehrte Garrido zuerst zu seinem ursprünglichen Job als Landschaftsgärtner zurück. Ein Fehler, wie sich kurz darauf zeigte. «Ich habe zu schnell zu viel gemacht», so Garrido. Die Konsequenz: eine erneute Verletzung am Kniegelenk. Und die Erkenntnis, dass er nie mehr als Landschaftsgärtner würde arbeiten können. Für Garrido ein Schock. «Auf so etwas ist man nicht vorbereitet.» Er kriegt noch heute feuchte Augen, wenn er an jene schwierigen Tage und Wochen zurückdenkt. Diese Gewissheit sei fast so schlimm gewesen wie der eigentliche Unfall. Doch Luis Garrido liess sich nicht unterkriegen. Nach verschiedenen Interessens- und Fähigkeitsabklärungen, die über die Invalidenversicherung und über das Berufsinformationszentrum des Kantons Bern liefen, stiess Garrido auf den Beruf des Sozialpädagogen. Ein Glücksfall.

Heute arbeitet Garrido im Jugendheim Lory in Münsingen. Die Institution, in der total 28 Jugendliche zwischen 14 und 22 Jahren leben, wird vom kantonalen Amt für Freiheitsentzug und Betreuung betrieben. Nebst seiner Hauptaufgabe als Sozialpädagoge, produziert er auch Videos für Mitarbeitende und Klienten. Garrido ist froh über seine neue Arbeit. Er schätzt es, dass er im Jugendheim gleich mehrere seiner Talente ausleben kann – schliesslich hat Garrido in seiner südamerikanischen Heimat ein Journalismus-Studium absolviert und anschliessend mehrere Jahre als Fernsehproduzent gearbeitet. «Die Arbeit erfüllt mich», sagt Garrido. Und er ist glücklich.

Ein Musterbeispiel

Den Wiedereingliederungs-Prozess von Luis Garrido bezeichnet die zuständige Case Managerin der Suva als Musterbeispiel. «Nicht allen begleiteten Versicherten gelingt es, im Berufsleben wieder ganz Fuss zu fassen». Luis Garrido jedoch habe von Anfang an den Willen gezeigt, wieder in den Berufsalltag zurückzukehren. Für die Case Managerin ist klar: «Dieser Wille ist entscheidend.»

Das betont auch Garrido. «Für mich war immer klar, dass ich wieder ein «normales» Leben führen werde.» Er sei durch den Unfall auch persönlich gewachsen. «Das Ereignis war schrecklich – aber es hat mich stärker gemacht.» Den ganzen Prozess nach dem Unfall bezeichnet er als wertvolle Reise zu sich selbst. Nur auf den Schmerz im Bein könnte er gut und gerne verzichten. Besonders an wechselhaften Tagen.

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