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Ambition oder Leichtsinn? Gefährliche Sportarten und Wagnisse

Base-Jumping, Downhill-Biken, Motocrossrennen oder tiefes Tauchen? Wenn Sie ein Flair für gefährliche Sportarten haben, ist es essentiell zu wissen, wann Sie mit einer Leistungskürzung rechnen müssen. Weitere Faktoren wie etwa die Wetterbedingungen zum Unfallzeitpunkt oder ungenügende Ausrüstung können ebenso eine Rolle spielen.

Inhalt

Kurz und bündig

Sollen alle, die Prämien zahlen, solidarisch dafür aufkommen, wenn Einzelne in der Freizeit ein hohes Risiko eingehen und verunfallen? Das Gesetz sagt klar Nein - wenn die Aktivität mit grossen Gefahren, einem sogenannten Wagnis, verbunden ist. Dabei wird zwischen absoluten und relativen Wagnissen unterschieden. Bei absoluten Wagnissen werden die Geldleistungen in jedem Fall gekürzt und in besonders schweren Fällen sogar ganz verweigert. Bei relativen Wagnissen werden die Begleitumstände im Einzelfall geprüft und so beurteilt, ob eine Leistungskürzung in Betracht gezogen werden muss.

  • Von der Kürzung nicht betroffen sind, Heilbehandlungen, Rettungs- Bergungs- und Transportkosten.
  • Gekürzt werden hingegen Taggelder und Invalidenrenten, was oft gravierende Folgen für die Betroffenen hat.

Wir empfehlen für einen optimalen Versicherungsschutz eine Zusatzversicherung bei einem Privatversicherer abzuschliessen.

Wagnisse und Geldleistungen: ein Rechtsanwalt klärt auf

Unfälle können körperliche und finanzielle Folgen haben. Im Video wird erklärt, weshalb Base Jumping ein absolutes Wagnis darstellt und Skifahren abseits der Piste als Wagnis im Einzelfall gilt. Das Video zeigt zudem ein Beispiel, wie einschneidend Kürzungen der Geldleistungen sein können.

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Wie wir Wagnisse unterscheiden

Wagnisse sind Handlungen, mit denen sich die versicherte Person einer besonders grossen Gefahr aussetzt, ohne die Vorkehren zu treffen oder treffen zu können, die das Risiko auf ein vernünftiges Mass beschränken.

Absolute Wagnisse 

Von einem absoluten Wagnis (häufig Sportarten mit hoher Geschwindigkeit und/oder Renncharakter) sprechen wir:

  • wenn eine Handlung mit Gefahren verbunden ist, die unabhängig von den konkreten Verhältnissen nicht auf ein vernünftiges Mass herabgesetzt werden können
  • oder, wenn es am schützenswerten Charakter einer mit besonders grossen Gefahren verbundenen Handlung mangelt resp. eine entsprechende Handlung unsinnig oder verwerflich erscheint.

Bei folgenden Sportarten/Tätigkeiten werden bei Unfällen die Geldleistungen (Taggeld und Invalidenrenten) von Gesetztes wegen um 50 % gekürzt. Zu beachten ist, dass diese Auflistung nicht abschliessend ist. Als absolute Wagnisse gelten auch andere Aktivitäten mit vergleichbarem Risiko. In besonders schweren Fällen, das heisst bei zusätzlichen besonderen Umständen, können die Geldleistungen gänzlich verweigert  werden.

  • Autocross-, Berg-, Rundstrecken-, Stockcarrennen inkl. Training; Auto-Rally-Geschwindigkeitsprüfungen; Autofahren auf Rennstrecken, ausgenommen Fahrsicherheits-kurse
  • Rennen und Training mit Fahrzeugen, die Geschwindigkeiten von über 100 km/h zulassen
  • Base-Jumping 
  • Fullcontact-Wettkämpfe (bspw. Boxwettkämpfe) 
  • bewusstes Zertrümmern von Glas
  • Karate-extrem (Zertrümmern von Back- oder Ziegelsteinen oder dicken Brettern mit Handkante, Kopf oder Fuss)
  • Motocrossrennen inkl. Training auf der Rennstrecke
  • Motorbootrennen inkl. Training
  • Motorradrennen inkl. Training und Motorradfahren auf einer Rennstrecke (ausgenommen Fahrsicherheitskurse)
  • Abfahrtsrennen mit Mountain-Bikes inkl. Training auf der Rennstrecke (sogenanntes DownhillBiking) 
  • Sprünge mit Bikes mit akrobatischen Einlagen (wie Salti, Drehungen um die eigene Achse, Hände vom Lenker oder Füsse von den Pedalen nehmen)
  • Quadrennen inkl. Training
  • Rollbrettabfahrten, sofern wettkampfmässig oder auf Geschwindigkeit betrieben
  • Schneemotorrad-Rennen (Snow-Cross) inkl. Training
  • Ski-Geschwindigkeits-Rekordfahrten
  • Speedflying
  • Tauchen in einer Tiefe von mehr als 40 Metern
  • Hydrospeed / Riverboogie (Wildwasserfahrt bäuchlings auf Schwimmbob liegend)

Relative Wagnisse

Bei einem relativen Wagnis können die diesbezüglichen Gefahren auf ein vernünftiges Mass reduziert werden. Wir prüfen jeweils ob nach den persönlichen Fähigkeiten und der Art der Durchführung eine Gefahrenherabsetzung möglich gewesen wäre und ob diese unterlassen wurde.

Wenn bei an sich voll gedeckten, aber mit grossen Risiken verbundenen Sportarten/Tätigkeiten die üblichen Regeln oder Vorsichtsgebote in schwerwiegender Weise missachtet werden, erfolgt ebenfalls eine Kürzung der Geldleistungen um 50%. Die nachfolgende Liste ist nicht abschliessend. Als relative Wagnisse gelten auch andere Aktivitäten, bei denen die objektiv grossen Risiken nicht auf ein vertretbares Mass herabgesetzt wurden. 

  • Bergsteigen / Klettern / Schneesport-Aktivitäten abseits markierter Pisten (bei schwerwiegender Missachtung der sportüblichen Regeln und Vorsichtsgebote)
  • Canyoning (bei schwerwiegender Missachtung der sportüblichen Regeln und Vorsichtsgebote)
  • Combat-Schiessen, wenn unorganisiert oder ohne Aufsicht
  • Gleitschirm- oder Hängegleiter-Fliegen bei sehr ungünstigen Windbedingungen wie starken Böen oder Föhnsturm
  • Gefährliches Klettern an einer Hausfassade
  • Hochsee-Segeln und Kanufahrten unter voraussehbar extremen Verhältnissen
  • Snowrafting (in gefährlichem, insbesondere steilem Gelände mit Hindernissen oder ohne ausreichenden, allenfalls gepolsterten Auslauf)

Kürzungen der Geldleistungen

Beim absoluten Wagnis können die Risiken nicht minimiert werden (Beispiele sind Downhill-Biking und Fullcontact-Wettkämpfe). Beim relativen Wagnis können die Risken minimiert werden, doch wurde dies unterlassen (Beispiel: Fahren abseits der Piste bei Lawinengefahr).

Die Geldleistungen können wie folgt gekürzt werden:

  • absolute Wagnisse 50 % und mehr
  • relative Wagnisse bis 50 %
  • gravierende Fälle bis 100 % (schwierige Bergtour, allein, bei schlechtem Wetter und trotz Warnungen)

Verweigerung von Geldleistungen

In besonders gravierenden Fällen von Wagnissen kann die Geldleistung verweigert werden. Ein Beispiel: Sie gehen alleine auf eine sehr schwierige Bergtour. Dabei ignorieren Sie sowohl die schlechte Wettervorhersage als auch Warnungen von erfahrenen Bergsteigern. Falls Sie unter diesen Umständen einen Unfall erleiden, können die Geldleistungen verweigert werden. Das bedeutet, dass Sie keine Taggelder und im Invaliditätsfall keine Rente erhalten. Die Kosten für Rettung, Behandlung, Medikamente oder Transporte sind hingegen gedeckt.

Die gesetzliche Grundlage definiert das Bundesgesetz über die Unfallversicherung Art. 39 und Art. 50.

Tipps für Risikosportarten

  1. Minimieren Sie Risiken.
  2. Besorgen Sie sich eine gute Ausrüstung.
  3. Besuchen Sie Kurse oder buchen Sie ausgewiesene Guides.
  4. Informieren Sie sich über Gelände und Wetter.
  5. Halten Sie sich an die elementaren Vorschriften und Verhaltensregeln.
  6. Prüfen Sie Ihren Versicherungsschutz und schliessen Sie eine Zusatzversicherung für besonders gefährliche Sportarten ab.
  7. Informieren Sie sich über Anbieter von Risikoaktivitäten.

Zusatzversicherung für Wagnisse

Gemäss Gesetz darf die Suva keine Zusatzversicherung für das Risiko «Wagnisse» anbieten. Die Heilkosten wie Spitalrechnungen und Medikamente bezahlt die Suva zwar in jedem Fall. Geldleistungen wie Taggelder und Invalidenrente können jedoch massiv gekürzt oder gar gestrichen werden. Prüfen Sie deshalb, ob es möglich ist, dieses Risiko über die Zusatzversicherung Ihres Arbeitgebers einzuschliessen. Neben der Ergänzungsdeckung innerhalb der UVG-Zusatzversicherung kann eine Privathaftpflicht für die Deckung von Drittschäden sinnvoll sein (zum Beispiel für Downhill-Biker).

Anbieter von Risikoaktivitäten

Die Kantone publizieren in einer zentralen Datenbank  Adressen von Anbieterinnen und Anbietern von Risikoaktivitäten, die über die erforderlichen Bewilligungen verfügen. Für Ihre eigene Sicherheit sollten Sie diese Liste nutzen, um Hochrisiko-Sportarten mit Guides zu planen.

Wie gut sind Sie versichert

Adrenalin, Risiko, Unfall. Wie gut ist Ihr Versicherungsschutz, wenn Sie abseits der Piste Freeriden oder an einem Speedskiing-Rennen teilnehmen? Und was deckt die Nichtbetriebsunfallversicherung, wenn Sie Canyoning betreiben oder im Kanu wilde Wasser bezwingen? Wir klären auf.

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