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31. März 2023 | von Murat Bilici

Ein klinisches Frakturregister zur Qualitätssicherung

Verbessert ein nationales Register die Qualität in der Frakturversorgung?  Dieser Frage geht das Frakturregister nach, welches am Universitätsspital Basel aufgebaut wurde und jetzt in die Implementierungsphase überführt wird.

Inhalt

      M. Bilici a, Th. Vermes a, J. Reinhardt a d, M. Mathys a, M. Morgenstern a, A. Müller b, F. Rüter b, S. Wunderlin c, Ph. Frei c, A.M. Müller a, D. Rikli a

      a Departement für Orthopädie und Traumatologie, Universitätsspital Basel 
      b Qualitätsmanagement & Value Based Healthcare, Universitätsspital Basel 
      c ICT-Departement Universitätsspital Basel 
      d Cardiovascular Research Institute Basel, CRIB 

      Einleitung

      Seit wenigen Jahren wird dem Thema Qualität in der Medizin mehr Aufmerksamkeit gewidmet. Das Bundesamt für Gesundheit hat eine eidgenössische Qualitätskommission eingerichtet und einen Strategieplan erarbeitet zur Förderung der Qualität in der Medizin [5]. Seit dem Inkrafttreten des Patient Protection and Affordable Care Acts in den USA im Jahr 2010, der in der Sektion 3001 die Einbindung von Qualitätsergebnissen für eine Incentivierung im Sinne der Value-Based Healthcare Prinzipien vorschreibt [6], ist auch das wissenschaftliche Interesse an klinischer Forschung zur Outcome-Messung gestiegen. Seit 2010 ist die Anzahl an Publikationen zum Thema «Patient-reported outcome measures (PROMs) messen die Einschätzung des Gesundheitszustands eines Patienten oder einer Patientin z.B. in Bezug auf Einschränkung der Mobilität etc. Diese Messungen integrieren somit die Bedürfnisse, Werte und Präferenzen der Patienten. Schweiz. Ärztezeitung. 2018;99(40):1348-1352»  (Patient-reported outcome measures) in der Orthopädie und Traumatologie nahezu exponentiell gestiegen. Die Idee, die Behandlungsergebnisse nachzuverfolgen und diese Ergebnisse zur Qualitätssteigerung zu verwenden ist jedoch nicht neu. Bereits 1911 formulierte der orthopädische Chirurg Ernest Codman seine Idee der ‘End Results’ [7, 8]. Die modernen Strategien zur Umsetzung einer qualitätsorientierten Leistungserbringung und -abgeltung beruhen auf dem Buch ‘Redefining Health Care’ von Micheal Porter und Elisabeth Teisberg [9]. 

      Medizinische Register haben auch einen ökonomischen Impact. In der wirtschaftlichen Evaluierung von klinischen Registern in Australien [10] wurde dem Traumaregister VSTR ein Kosten-Nutzen Verhältnis von 1:6 mit einer Einsparung von 36 Mio. AUD pro Jahr bescheinigt. Lee et al konnten mit einer Kosten-Nutzen Analyse von medizinischen Registern zeigen, dass in den USA durch das Nationale Chirurgische Qualitätsverbesserungs-Programm (NSQIP) pro vermiedene postoperative Komplikation durchschnittlich 8312 Dollar eingespart werden [11]. Sie schätzen das Return-On-Investment (ROI) auf 3.43 USD pro 1.00 USD.   

      Bezüglich prospektiver klinischer Studien ist das randomisierte Studiendesign in der Traumatologie schwierig umzusetzen. Hier bieten prospektiv erhobene Routinedaten in Registern eine Möglichkeit, konkrete Studienfragen zu beantworten. Gemäss Gregory Katz können Studien mit Registerdaten für chirurgische Disziplinen nahezu die gleiche Aussagekraft erreichen, wie randomisierte Studien [12]. Medizinische Register scheinen hier einen Paradigmenwechsel zu ermöglichen [13, 14, 15].  

      Eine Auflistung medizinischer Register in der Schweiz ist auf der FMH-Webseite zu finden [16]. Ein nationales Frakturregister für alle Altersgruppen und Behandlungsmodalitäten (operativ und nicht-operativ) existiert in der Schweiz bisher nicht.  

      Spätestens seit dem revidierten Artikel 58a KVG und Art. 58b KVG wird das Thema von medizinischen Registern auch durch die Legislative auf die Agenda gebracht [17]. Für die Umsetzung in der Traumatologie werden den Spitälern jedoch wenig Leitlinien oder andere Formen der Unterstützung entgegengebracht. Verwunderlich ist dies nicht. Für die Traumatologie herrscht kein internationaler Konsens über die anzuwendenden Instrumente. Die Non-Profit Organisation (ICHOM) [18] hat bis heute keine Standard-Sets für Frakturpatienten. PROMIS [19] bietet erst seit 2017 eine kleine Sammlung für die obere Extremität und Patienten mit eingeschränkter Mobilität an. Um die multidimensionale Verflochtenheit der Versorgung von Unfallpatienten in einem Register abbilden zu können, braucht es die Kombination von Datenbankspezialisten sowie Traumatologen.  

      Das schwedische Frakturregister besteht seit 2012 [20]. Auch Dänemark führt ein nationales Frakturregister, in das man auch aus anderen Ländern gegen eine Gebühr Patienten eingeben kann. Das dänische Register dokumentiert nur operativ behandelte Frakturpatienten ohne die Erhebung von PROMs [21]. Beirer et al formulierten in ihrer Machbarkeitsstudie die Notwendigkeit und Voraussetzungen für eine nationale Implementierung eines Frakturregisters in Deutschland für alle Frakturbehandlungen und der Outcome-Erfassung mit organspezifischen Fragebögen [22]. In Italien haben sich AO-Trauma Fakultätsvorsitzende aus 13 Trauma-Zentren in einem zweijährigen Diskurs auf einen Variablensatz geeinigt, um ein Pilotprojekt für ein italienisches Frakturregister zu starten [23]. 

      Wenn Registerdaten also so sinnvoll und nützlich sind, warum existiert noch kein nationales Register für die Behandlung von Frakturen in der Schweiz? 

      Voraussetzungen, Material und Methoden 

      Eine Frakturdatenbank hat das Ziel, eine Zuordnung von Outcome-Daten zur Diagnose und der gewählten Behandlung zu ermöglichen. Weiterhin soll sie  

      • eine Datenbankabfrage ohne die Notwendigkeit einer Zwischeninstanz ermöglichen 
      • intuitiv und für IT-Laien einfach anwendbar sein 
      • in die Klinikprozesse integriert sein und keine Unter- oder Medienbrüche generieren 
      • die gesetzlichen Bestimmungen für Datensicherheit und Humanforschung erfüllen 
      • nicht an kostenpflichtige Lizenzen gebunden sein 
      • die Möglichkeit bieten, auf ein multizentrisches Setting skalieren zu können 
      • eine Datenstruktur haben, die internationalen Standards genügt bzw. einfach zu transformieren ist (z. B. HL7-FHIR, Clinical Data Interchange Standards Consortium (CDISC), SNOMED CT und LOINC) 

      Interne Audits gewährleisten die Datenvalidierung. Die Schnittstellen zu den Primärsystemen helfen, die Vollständigkeit von allen Patienten mit Einschlusskriterien zu überprüfen und einen Abgleich mit den Patientendossiers vorzunehmen. Hierfür ist Fachpersonal notwendig, das sich sowohl mit Datenbanksystemen als auch mit klinischen Inhalten auskennt. 

      Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für medizinische Register ist die langfristige Finanzierung. Aktuell ist die monozentrische Version am Universitätsspital Basel durch Drittmittel finanziert. Ein Projekt für eine langfristige Finanzierung im multizentrischen Setting ist in seiner Endphase und beinhaltet die Kooperation von mehreren Departementen und Kliniken des Unispitals Basel. Qualitätsprojekte wie das Frakturregister sollen personell durch Know-how und Wartung unterstützt werden. Hierzu gehören Audits und statistische Beratung bei Forschungsfragen, die mit Registerdaten beantwortet werden sollen, technische und prozessuale Implementierung in den teilnehmenden Kliniken.  

      Nach einer Evaluationsrunde von verschiedenen Optionen sahen wir diese Anforderungen mit der Anwendung von REDCap erfüllt. REDCap ist eine lizensierte, kostenfreie Datenbank, die für Forschung und Qualität seit 2006 verfügbar ist.  

      Sie ist intuitiv zu bedienen und setzt keine IT-Kenntnisse voraus. Wir verwenden die jeweils aktuelle REDCap-Version, wobei wir die x.x.0 Version bei den Updates überspringen. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Manuskripts hat unsere Instanz die Version 13.2.5.  

      Das Einverständnis der Ethikkommission wurde eingeholt (EKNZ02022016). Jeder Patient wird nach seinem Forschungskonsent befragt.   

      Unsere Frakturdatenbank hat aktuell die Version 5.x. Zu den erfassbaren Variablen gehören demographische Angaben wie Alter und Geschlecht, Unfalldatum und die Differenzierung zwischen Monotrauma und Mehrfachverletzungen. Als Frakturklassifikation verwenden wir die AO/OTA Klassifizierung in der neuen und erweiterten Version von 2018 [24].  

      Einschlusskriterien am Universitätsspital Basel sind alle operativ behandelten Frakturen der oberen Extremität vom Schultergürtel bis zum Handgelenk, Becken- und Acetabulumfrakturen, Frakturen der unteren Extremität, native Gelenkluxationen sowie Sehnenrupturen (Trizeps, distale Bizepssehne, Pectoralis, Hamstrings, Quadriceps- und Patellarsehne, Achillessehne, Tib. ant und Tib. post). Des Weiteren werden offene Frakturen mit Klassifikation nach Gustilo-Anderson, pathologische und Insuffizienzfrakturen inklusive Ätiologie und auch periprothetische Frakturen erfasst. Zusätzlich verwenden wir die Klassifikation Fragility Fractures of the Pelvis (FFP) nach Rommens [25]. Eine Ausweitung der Einschlusskriterien auf konservativ behandelte Frakturen soll noch im 2. Quartal dieses Jahres erfolgen. 

      Ausschlusskriterien sind ein Alter unter 16 Jahren, Handfrakturen, Wirbelsäulenfrakturen, Schädelfrakturen, prothetisch versorgte Gelenkluxationen, Patienten mit muskuloskelettalen Infektionen. Diese ergeben sich durch die Zuständigkeit von anderen Kliniken und Disziplinen für diese Patienten am Universitätsspital Basel. Für eine Ausweitung der Frakturdatenbank auf ein multizentrisches Register ist der Einschluss von pädiatrischen, Wirbelsäulen- und Hand-Patienten erwünscht. Derzeit läuft auch ein Projekt mit den Kollegen der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie mit dem Ziel, auch Gesichtsschädel-Frakturen in die Frakturdatenbank aufzunehmen.  

      Da es keine empfohlenen Standard-Sets für die PROMs für Frakturpatienten gab, haben wir eine Taskforce gegründet und die aus mehreren Gesichtspunkten sinnvollste Kombination von existierenden Fragebögen und Scores für alle anatomischen Regionen recherchiert und zusammengestellt (Tab. 1 und 2). Die für uns relevanten Aspekte für die Auswahl waren, ob die entsprechenden Fragebögen für die Behandlung von Frakturpatienten validiert, diese in mehreren Sprachen vorhanden und für die jeweilige Sprache validiert und wie die Anwendung und Akzeptanz in klinischen Forschungsprojekten sind. Damit soll eine leicht umsetz- und nachvollziehbare Standardisierung erreicht werden, die ein Benchmarking mit anderen Zentren zulässt. Die Baselinebefragung wird innerhalb von 14 Tagen nach dem Unfallzeitpunkt durchgeführt, wobei sich die Angaben jedoch auf den Gesundheitszustand vor dem Unfall beziehen. Dieselben Scores werden nach 3 Monaten ± 1 Monat und nach 12 Monaten ± 2 Monaten eingeholt.  

       

      Anatomische Regeln Patientenkollektiv  Fragebögen-Set 
      Schulter-Oberarm  Schultergürtel, proximaler Humerus, Humerusschaft, Schulterluxation  EQ-5D, NPRS,  
      SPADI, QuickDASH, SSV 
      Ellenbogen Distaler Humerus, Ellenbogen, distale Bicepssehne, Ellenbogenluxation  EQ-5D, NPRS,  
      PREE, QuickDASH, SEV 
      Vorderarm-Handgelenk  Vorderarm, Handgelenk, Handgelenk Luxation EQ-5D, NPRS, 
      PRWE, QuickDASH, SWV 

      Tab. 1. PROM-Sets für die obere Extremität. Fragebögen liegen in Deutsch und Englisch vor. 

       

      Anatomische Regeln Patientenkollektiv  Fragebögen-Set 
      Becken-Hüfte  Becken und Acetabulum, Proximales. Femur, Hamstringruptur, Hüft-Luxation EQ-5D, NPRS, Lower Extremity Functional Scale (LEFS), HOOS-PS 
      Knie  Distales Femur und proximale Tibia, Quadriceps- u. Patellarsehne, Knie-Luxation  EQ-5D, NPRS, Lower Extremity Functional Scale (LEFS), KOOS-PS 
      Fuss-Sprunggelenk  Sprunggelenk, Kalkaneus und Talus, Fusswurzel, Achillessehne, Luxationen  EQ-5D, NPRS, Lower Extremity Functional Scale (LEFS), FAOS 
      UE-Schaft  Femurschaft, Unterschenkelschaft  EQ-5D, NPRS, Lower Extremity Functional Scale (LEFS) 

      UE = Untere Extremität 

       

      Tab. 2. PROM-Sets für die untere Extremität. Fragebögen liegen in Deutsch und Englisch vor. 

       

      Die Erfassung der PROMs erfolgte in den ersten zwei Jahren mit Heartbeat Medical (heartbeat Version 7.39.0; HRTBT Medical Solutions GmbH, Berlin). Zur Vereinheitlichung der IT-Infrastruktur wurde die PROMs-Erhebung in REDCap migriert. Somit ist gewährleistet, dass sich sämtliche relevanten Daten innerhalb einer Datenbank befinden und auf Schnittstellen zwischen zwei Systemen verzichtet werden kann.  

       

      Ergebnisse

      Bisher wurden 3604 Patienten in der Frakturdatenbank erfasst. Da wir die Qualitätsmessung mit PROMs erst zeitversetzt zur Implementierung der Frakturdatenbank beginnen konnten, liegen zum Zeitpunkt der Manuskript-Erstellung ca. 1500 Befragungen zur Baseline, ca. 900 Follow-up Befragungen nach 3 Monaten und ca. 400 PROM-Scores zum Jahres-Follow-up vor. Bei 3228 Patienten lag eine Fraktur vor, 32 Patienten hatten eine Insuffizienzfraktur, 39 Patienten wurden aufgrund einer pathologischen Fraktur behandelt und 107 erlitten eine periprothetische Fraktur. 40 Patienten traten für eine Revision erneut ein. Weiterhin sind 118 Gelenkluxationen und 40 Sehnenrupturen registriert. 325 Patienten waren mehrfach verletzt. 157 Patienten hatten eine offene Fraktur. Die Verteilung nach Gustilo-Anderson ist in Abbildung 3 zu sehen. Bei 24 Patienten mit offener Fraktur kam es zu Begleitverletzungen (3 Nervenläsionen, 12 Gefässverletzungen, 9 Weichteilverletzungen).  

      Tabelle

      Abb. 3. Verteilung der offenen Frakturen nach Gustilo-Anderson klassifiziert. 57 I°, 48 II°, 20 IIIa°, 23 IIIb°, 9 IIIc° 

      Eine exemplarische Auflistung der Gesamtzahlen von ausgewählten Frakturlokalisationen ist in Tabelle 3 zu sehen.  

       

        Clavicula  Proximaler Humerus  Olecranon   Distaler Radius  Pertrochantäre Frakturen  Distaler Femur  Tibia-plateau   Tibia-schaft   Malleolen  
      2019 23 29 14 71 72 6 7 20 51
      2020  51 49 31 113 122 15 15 36 71
      2021  29 58 27 124 153 18 15 31 84
      2022 44 48 25 112 120 23 27 33 86
      Gesamt 147 184 97 420 467 62 64 120 292

      Tab 3. Gesamtzahlen einer Auswahl von bisher registrierten, operativ behandelten Hauptfrakturen 

       

      Weitere Ergebnisse mit direktem Nutzen für das Behandlungsergebnis können für Frakturen erwartet werden, die erst seit relativ kurzer Zeit in den Fokus rücken. Hierzu gehören beispielsweise Acetabulumfrakturen. Diese sind typische Hochrasanzverletzungen und kommen entsprechend bei jungen Patienten und solchen mittleren Alters vor. Zunehmend sehen wir Frakturmuster, wie dasjenige in Abbildung 1 und 2 auch bei geriatrischen Patienten, die nicht durch ein Hochrasanztrauma verursacht wurden. Die Osteosyntheseverfahren müssen leicht angepasst werden an die Tatsache, dass geriatrische Patienten idealerweise direkt voll belasten können müssen. Zur präoperativen Planung verwenden wir in diesen Fällen 3D-Druck in Originalgrösse [26].

       

      Operativer 3D Druck  1952x1952px
      Abb. 1: Prä-operativer 3D Druck eines frakturierten Beckens; spiegelverkehrt
      Anmodellierung der Osteosyntheseplatte 1952x1952px
      Abb. 2: Anmodellierung der Osteosyntheseplatte an der spiegelverkehrten, gesunden Seite

      Je nach Fragestellung kann eine spezifische Datenbankabfrage programmiert werden. So zeigt der Verlauf für Patienten mit distaler Radiusfraktur, dass sie nach drei Monaten eine leichte funktionelle Einschränkung haben, die sie in ihrer Lebensqualität aber nicht zu beeinträchtigen scheint. Mehrere Scores sind sogar dezent, wenn auch nicht signifikant besser als der Ausgangswert vor dem Unfall zum 1-Jahres Follow-up (Tab. 4). 

      Distale Radiusfrakturen  Baseline (n=167 Pat.)  3Monate  
      (n=122 Pat.) 
      12 Monate  
      (n=52 Pat.) 
      Demografie 
      Pflegestufe  Unabhängigkeit: 35 Pat benötigen Pflegehilfe    von 11 Pat. sind noch 7 unabhängig von pflegerischen Massnahmen 

      1 Pat. verbesserte von Dauer- zu gelegentlicher Pflege (von 24h/7d Pflege auf 3x/Woche) 
      F=107 Pat.
      M=60 Pat.
      Alter=56±18 J Range 16 - 93 J
      EQ-5D  0,86 1 0,94  
      PRWE  8,7 20 5,5  
      qDASH  16 35 16  
      qDASH-Arbeit  1,76 2,33 1,14  
      Subjektive Wrist Value (SWV)  75 67 85  

      Pat.=Patient; F=Female; M=Male ; J=Jahre  

       

      Tab 4. PROM Scores für distale Radiusfrakturen; F = 107; M = 60 

       

      Bei den proximalen Humerusfrakturen erreichen die Patientinnen nach einem Jahr nicht ganz die Baselinewerte. Der Quick-DASH ist leicht erhöht, der Subjectiv Shoulder Value (SSV) um 10 Prozentpunkte tiefer und auch der EQ-5D ist nicht signifikant verringert (Tab. 5).  

       

      Proximale Humerusfrakturen  Baseline (n=85 Pat.)  3 Monate  
      (n=56 Pat.)
       
      12 Monate  
      (n=17 Pat.) 
      Demografie 
      Pflegestufe  Unabhängigkeit: 26 Pat. benötigen Pflege   
      • 2 Pat. verbesserten von Dauer- zu gelegentlicher Pflege
      • 2 Pat. konnten Pflegehilfe abbestellen
      F=54 Pat.
      M=31 
      Alter=70±18 J
      Range 21- 95 J
       EQ-5D  0,82 0,96 0,78  
       Subjective Shoulder Value (SSV)  85 57 75  
       SPADI  17,8 43,8 15,2  
       qDASH  16,2 35,2 23,7  

      Pat.=Patient; F=Female; M=Male; J=Jahre  

       

      Tab 5. PROM Scores für proximale Humerusfrakturen 

       

      Die mittleren Werte für proximale Femurfrakturen zeigen, dass die Ausgangswerte nach einem Jahr erreicht werden (Tab. 6). Wenn wir jedoch nach Frakturtyp stratifizieren, zeigt sich, dass Patienten mit einer Schenkelhalsfraktur (Typ B) die Ausgangswerte zur Jahreskontrolle erreichen. In der Altersgruppe unter 65 Jahre verbessert sich die Lebensqualität sogar. Pertrochantäre Frakturen (Typ A) erreichen jedoch in allen Altersklassen die Ausgangswerte nicht mehr nach drei und zwölf Monaten (Tab. 7). 

       

      Proximale Femurfrakturen  PROM Baseline (n=300 Pat.)  PROM 3 Monate  
      (n=140 Pat.) 
      PROM 12 Monate  
      (n=45 Pat.) 
      Demografie 
      Pflegestufe  Unabhängigkeit: 75 Pat. leben im APH  
      • 13 Pat. wechselten von häuslicher Pflege ins APH 
      • 5 Pat. konnten auf ambulante Pflege verzichten
      • Lost to Follow-up nach 12 Monaten: 85%
      F=188 Pat. 
      M=122 Pat.
      Alter=81±13 J 
      Range 20-103 J 
      bis 65 J: n=60 Pat.
      66-75 J: n=71 Pat. 
      >75 J: n= 365 Pat.
       
      EQ5D 0,82 0,76 0,74  
      LEFS 47,9 42,5 47,4  
      HOOS PS*  
      29 37 32  
      * Scoring direction: No difficulty (0), extreme difficulty (100)         

      Pat.=Patient; F=Female; M=Male ; J=Jahre; APH=Alters- und Pflegeheim  

       

      Tab 6. PROM Scores für proximale Femurfrakturen 

       

      QoL  
      (EQ-5D-5L) 

      Typ A

      ≤ 65 J 

      Typ B

      ≤ 65 J 

      Typ A

      65-75 J 

      Typ B

      65-75 J 

      Typ A

      >75 J 

      Typ B

      >75 J 

      Baseline  0,85 0,62 0,91 0,77 0,86 0,83
      3 Monate 0,79 0,83 0,62 0,82 0,74 0,75
      12 Monate NA 0,92 0,64 0,78 0,53 0,85

      Tab 7. Ergebnisse der Scores für Lebensqualität nach Frakturklassifikations-Typ 

      Ausblick

      Wir haben Instrumente zur Erfassung der klinischen Outcomeparameter (Clinician Reported Outcome Measures, CROMs) vorbereitet und müssen diese noch intern validieren.  

      Ebenso ist das Modul für die Eingabe von konservativ behandelten Frakturpatienten bereitgestellt und wird für die Implementierung in der Sprechstunde vorbereitet. 

      In Kooperation mit unseren Kollegen der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie entwickeln wir ein Modul für Gesichtsschädelfrakturen. Gemeinsam mit unseren Kollegen der Kinderchirurgie im UKBB planen wir die Erweiterung der Einschlusskriterien auf Patienten unter 16 Jahren.  

      Für Interessierte steht die Version 3.x und 5.x als Demoversion zur Verfügung (s. QR-Code Abb. 4 und 5) jeweils mit eingeschränkter Funktionalität. Für die Demoversion 3.x ist kein Login notwendig. Für die Demoversion 5.x ist ein Login notwendig, der gerne beim Autor angefragt werden kann.  

      QR Code, University Hospital Basel
      Abb. 4. Demoversion Frakturdatenbank Unispital Basel v3.0
      QR Code, Registration
      Abb. 5. Demoversion Frakturdatenbank Unispital Basel v5.0 (Login kann unter murat.bilici@usb.ch beantragt werden)

      Zusammenfassung

      Ein multizentrisches, idealerweise nationales Frakturregister ist technisch möglich und sinnvoll zur Verbesserung der Behandlungsqualität unserer Patienten. Die zahlreichen Register-Studien unserer Kollegen aus Schweden zeigen uns relevante Erkenntnisse, die aus prospektiven klinischen Studien kaum zu gewinnen sind. Nennenswert ist die Erkenntnis, dass auch Humerusfrakturen eine ähnlich hohe Mortalität zeigen [26] wie proximale Femurfrakturen, und sie mahnt die Dringlichkeit für weitere Untersuchungen der Kausalität an.  

      Ein Register ermöglicht die Epidemiologie der eigenen Population zu objektivieren und bietet aufgrund der Höhe der analysierbaren Fallzahlen die Möglichkeit, klinische Studien auch für seltene Frakturen oder Verletzungsmuster durchzuführen. Weiterhin bietet es eine Grundlage, neue Incentivierungsmodelle zu entwickeln und auszuhandeln z. B. im Rahmen von Pilotprojekten für häufige Verletzungen. Weiterhin kann durch die Einführung neuer Behandlungsoptionen rasch monitorisiert und ggf. Empfehlungen für Indikationen angepasst werden.  

      Korrespondenzadresse

      Dr. méd. Murat Bilici
      Departement für Orthopädie und Traumatologie Universitätsspital Basel

      Literaturverzeichnis

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